Pflanzen in benachbarten Feldern können sich gegenseitig vor Krankheiten schützen oder anfälliger machen, laut einer Studie von Jean-Benoit Morel und Kollegen. Dieses Phänomen namens Neighbor-modulated susceptibility (NMS) könnte nachhaltigere landwirtschaftliche Praktiken ermöglichen. Die Studie zeigt, dass Pflanzen ihre Immunität auf Populationsebene regulieren können, was neue Möglichkeiten für die Agrar- und Ökologieforschung eröffnet.
In den Weiten der Landwirtschaft hat sich über die Jahrhunderte hinweg eine bemerkenswerte Praxis etabliert: das gemeinsame Anbauen verschiedener Pflanzensorten auf demselben Feld zur Erhöhung der Krankheitsresistenz. Doch die Ergebnisse dieser Praxis sind so unberechenbar wie das Wetter.
Eine kürzlich am 12. September in der Open-Access-Zeitschrift PLOS Biology veröffentlichte Studie von Jean-Benoit Morel vom Institut National de Recherche pour l'Agriculture l'Alimentation et l'Environnement in Montpellier, Frankreich, und seinen Kollegen legt nahe, dass Pflanzen-Pflanzen-Interaktionen die Immunität gegen Krankheiten sowohl bei Weizen als auch bei Reis beeinflussen können.
Diese Interaktion, als „Neighbor-modulated susceptibility“ (NMS) bezeichnet, tritt auf, wenn gesunde Pflanzen derselben Art die grundlegende Immunität und Anfälligkeit für Pathogene modulieren. Doch NMS ist noch weitgehend ein Rätsel in der Pflanzenwissenschaft.
Um das Potenzial von NMS zur Reduzierung der Ausbreitung von Pflanzenpathogenen zu bewerten, untersuchten die Forscher die Krankheitsanfälligkeit von 200 Paaren von Reis- und Hartweizensorten. Sie wählten einen Satz von Genotypen aus selektiv gezüchteten Sorten und einen aus Populationen, die keiner modernen Auswahl unterworfen worden waren. Die Paare von Sortenmischungen derselben Art, die unter kontrollierten Bedingungen in Töpfen in einem Gewächshaus angebaut wurden, wurden mit Pilzfäulepathogenen infiziert, und die Krankheitsanfälligkeit wurde überwacht, bevor eine mögliche Pathogenausbreitung erfolgte.
Mithilfe eines statistischen Modells konnten die Autoren die Bedeutung von NMS und den relativen Beitrag des Nachbar-Effekts auf die Anfälligkeit für Pathogene in Sortenmischungen quantifizieren.
Die Forscher identifizierten 23 Sortenmischungen derselben Art (~11%), in denen Pflanzen-Pflanzen-Interaktionen die Krankheitsanfälligkeit modulierten, was darauf hindeutet, dass Neighbor-modulated susceptibility ein relativ häufiges Phänomen ist. Sie beobachteten sowohl positive als auch negative Auswirkungen der Nachbarn, was darauf hinweist, dass die Konsequenzen von Pflanzen-Pflanzen-Interaktionen variabel sein können.
Die Studie hatte einige Einschränkungen, zum Beispiel wurden nur zwei Kulturen, Reis und Weizen, getestet. Zukünftige Studien könnten Feldversuche einschließen, bei denen Pflanzen verschiedenen Umweltbedingungen im Freien ausgesetzt sind, anstatt in einem Gewächshaus zu wachsen.
Laut den Autoren eröffnen diese Erkenntnisse neue Möglichkeiten zur Entwicklung nachhaltigerer landwirtschaftlicher Praktiken, indem sie weniger anfällige Pflanzenmischungen durch emergente, aber nun vorhersagbare Eigenschaften von Mischungen ermöglichen. Die Studie legt nahe, dass die indirekten Auswirkungen von Pflanzen-Pflanzen-Interaktionen auf die Anfälligkeit für Pathogene verwendet werden könnten, um Sortenmischungen mit integriertem Pflanzenschutz zu entwickeln.
Morel fügt hinzu: „Bei Tieren, insbesondere in Herden, wird häufig beobachtet, dass Individuen ihre Funktionsweise entsprechend ihren Nachbarn anpassen, zum Nutzen der Gruppe, aber nicht unbedingt jedes Individuums. Diese Arbeit zeigt, dass ein solches Phänomen auch bei Pflanzen existiert, was in diesem Fall darauf hinweist, dass Pflanzen ihre Immunität auf Populationsebene regulieren, was neue Perspektiven für die Agrar- und Ökologieforschung eröffnet.“
Quelle: Pélissier R, Ballini E, Temple C, Ducasse A, Colombo M, Frouin J, et al. (2023) The genetic identity of neighboring plants in intraspecific mixtures modulates disease susceptibility of both wheat and rice. PLoS Biology (2023). DOI: 10.1371/journal.pbio.3002287
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